Junge beobachtet Superman und wird durch Lernen am Modell selbst zu Superman

Lernen am Modell nach Bandura – Alles Wichtige einfach erklärt

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Wenn man sich mit Lerntheorien beschäftigt, darf das Lernen am Modell nicht fehlen. Demzufolge können wir lernen, ohne viel dafür tun zu müssen. Klingt gut, oder? Wir erklären dir alles, was du über das Lernen am Modell wissen musst:

  • was das Lernen am Modell ist
  • Beispiele in der Pädagogik
  • welche Phasen es gibt und wann sie erfolgreich durchlaufen werden
  • mögliche Lerneffekte
  • Fallbeispiel und Analyse

Los geht´s!

Lernen an Modell – Definition

Lernen am Modell ist eine von dem Psychologen Albert Bandura entwickelte Lerntheorie. Demzufolge lernen wir Fähigkeiten, Verhaltensweisen und Einstellungen, indem wir das Verhalten anderer Menschen und die Konsequenzen ihres Verhaltens beobachten und nachahmen.

Eigene Erfahrungen sind demnach nicht unbedingt zum Lernen notwendig.

Daher wird Lernen am Modell oft auch als Beobachtungslernen, Nachahmungslernen, Imitationslernen, soziales Lernen oder stellvertretendes Lernen bezeichnet.

Andere Menschen dienen uns also als Modelle anhand derer Erfahrungen wir lernen können. Hierzu gehören zum Beispiel Eltern, Lehrer und Freunde, aber auch öffentliche Personen und sogar fiktive Charaktere in Filmen und Büchern.

Sozial kognitive Lerntheorie nach Bandura

Modelllernen ist ein zentraler Bestandteil der sozial kognitiven Lerntheorie von Albert Bandura. Diese Theorie besteht aus zwei Kernannahmen:

Sozial: Unsere Verhaltensweisen, Einstellungen und Fähigkeiten werden geformt, indem wir die Menschen um uns herum beobachten. Unsere soziale Umwelt spielt also eine entscheidende Rolle für unser Lernen.

Kognitiv: Neben unserer sozialen Umwelt sind auch mentale Vorgänge wie Wahrnehmen, Denken und Erinnern für unser Lernen notwendig. Diese werden auch als kognitive Prozesse bezeichnet. Wir müssen also das, was wir beobachtet haben, verarbeiten und daraus Schlüsse ziehen.

Da die sozial kognitive Lerntheorie die wichtige Rolle von kognitiven Prozessen für das Lernen betont, kann sie als Weiterentwicklung des Behaviorismus betrachtet werden.

Beispiele zum Lernen am Modell – Pädagogik

Beispiele im Unterricht

Schüler lernen Konzepte und Problemlösungsstrategien, indem sie Lehrer oder Mitschüler beobachten und nachahmen. So lernen Schüler zum Beispiel einen mathematischen Lösungsweg, indem sie sehen, wie der Lehrer ihn an der Tafel vorrechnet.

Ebenfalls sind Lehrer und Mitschüler Modelle für soziales Verhalten wie Respekt, Höflichkeit und konstruktive Zusammenarbeit.

Lehrerin und Schülerin stehen an der Tafel

Beispiele im Kindergarten

Kindergärtnerin und Kinder malen

Kinder beobachten, wie Erzieher oder andere Kinder kreativ mit Materialien umgehen, wie zum Beispiel beim Malen oder Rollenspielen. Sie ahmen das Verhalten nach und lernen dadurch neue Spielideen und kreative Techniken.

Außerdem lernen Kinder wichtige soziale Fähigkeiten, indem sie Erzieher und andere Kinder beim Kommunizieren, Teilen mit anderen und Lösen von Konflikten beobachten.

Modelllernen Phasen – Graphik und Beispiele

Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Reproduktion und Motivation als aufeinanderfolgende Phasen des Lernens am Modell

Beim Lernen am Modell werden verschiedene Phasen oder Prozesse durchlaufen. Diese werden oft auch notwendige Bedingungen bezeichnet, da jede dieser Phasen erfolgreich durchlaufen werden muss, damit Modelllernen gelingen kann.

Dabei gibt es in jeder Phase bestimmte Situationen oder Strategien, die hilfreich sind und somit Modelllernen erleichtern.

1. Aufmerksamkeit

Damit wir von einem Modell lernen können, müssen wir zuerst aufmerksam sein. Wir müssen also das Verhalten des Modells genau beobachten. Krankheiten wie ADHS können hierbei unsere Aufmerksamkeit beeinträchtigen.

Unsere Aufmerksamkeit ist besonders stark in folgenden Situationen:

  • das Modell ist auffällig, attraktiv und interessant
  • Beobachter und Modell sind sich ähnlich, zum Beispiel in Geschlecht, Alter oder Aussehen
  • der Beobachter hat eine emotionale Bindung zum Modell
  • das Verhalten des Modells ist einfach und nicht zu komplex

Beispiel:

Die Schüler fokussieren ihre Aufmerksamkeit darauf, wie der Lehrer einen mathematischen Lösungsweg an der Tafel vorrechnet. Dabei achten sie insbesondere auf die Anwendung bestimmter Rechenregeln und die Reihenfolge der Schritte.

2. Speicherung im Gedächtnis

Nachdem wir das Verhalten beobachtet haben, müssen wir uns daran erinnern können. Hierzu ist es notwendig, dass wir die beobachtete Information in unserem Langzeitgedächtnis speichern.

Die Speicherung im Langzeitgedächtnis gelingt, wenn wir:

  • das beobachtete Verhalten in Worte fassen und es uns bildlich vorstellen
  • die neuen Informationen im Gedächtnis ordnen, zum Beispiel in Kategorien
  • die neuen Informationen mit bereits vorhandenem Wissen verknüpfen
  • das beobachtete Verhalten gedanklich wiederholen und praktisch üben

Beispiel:

Die Schüler wiederholen die einzelnen Rechenschritte in ihren eigenen Worten und übertragen sie in ihr Heft. Hierbei notieren sie sich ebenfalls Merksätze oder Eselsbrücken, um sich den Lösungsweg besser merken zu können.

3. Reproduktion

Anschließend müssen wir das beobachtete Verhalten aus unserem Langzeitgedächtnis abrufen und nachahmen. Dafür müssen wir dazu in der Lage sein, das beobachtete Verhalten auszuführen.

Die Reproduktion funktioniert, wenn wir:

  • die notwendigen motorischen und mentalen Fähigkeiten besitzen
  • das Verhalten bei der Nachahmung überwachen und anpassen
  • Feedback von anderen einholen

Beispiel:

Die Schüler erhalten ähnliche Aufgaben zum Üben und versuchen die Rechenschritte zu reproduzieren. Dabei bemerken sie eigene Fehler, die sie durch weiteres Üben sowie Feedback vom Lehrer und von den Mitschülern korrigieren.

4. Motivation

Auch wenn wir aufmerksam waren, uns an das Verhalten erinnern und es reproduzieren können, brauchen wir noch ausreichend Motivation, um es auch tatsächlich auszuführen.

Unsere Motivation wird beeinflusst durch:

  • Beobachtete Konsequenzen: Haben wir beobachtet, dass das Verhalten des Modells belohnt wurde (zum Beispiel durch Lob, Aufmerksamkeit, Freude über die eigene Leistung oder materielle Belohnungen wie Geld), sind wir motivierter es nachzuahmen. Wurde das Verhalten des Modells jedoch bestraft, sinkt unsere Motivation.
  • Erwartungen: Wenn wir glauben, dass wir durch das Nachahmen des Verhaltens selbst positive Konsequenzen erzielen können, sind wir eher motiviert es zu tun.
  • Selbstwirksamkeit: Je mehr Vertrauen wir haben, dass wir das beobachtete Verhalten nachahmen können, umso motivierter sind wir es zu tun.

Beispiel:

Der Lehrer lobt die Schüler für ihre Anstrengungen und betont, dass sie es durch weiteres Üben schaffen werden, den Lösungsweg zu beherrschen. Ebenfalls erklärt er, dass der Lösungsweg für kommende Tests und im Alltag nützlich sein wird.

Lernen am Modell – Lerneffekte und Beispiele

Wenn wir durch das Beobachten eines Modells lernen, macht sich das letztendlich dadurch bemerkbar, dass sich unser Verhalten ändert. Hierbei sind verschiedene Arten von Veränderungen unseres Verhaltens möglich, die auch Lerneffekte genannt werden:

Wir lernen durch die Beobachtung des Modells eine vollkommen neue Verhaltensweise.

Beispiel: Ein Schüler, der noch nie zuvor eine mathemathische Gleichung gelöst hat, sieht wie der Lehrer an der Tafel eine Gleichung löst und ist nun dazu in der Lage, diesen Lösungsweg selbst anzuwenden.

Wir führen ein Verhalten häufiger aus, da wir beobachten, dass dieses Verhalten beim Modell positive Folgen hat. Wir lernen also kein völlig neues Verhalten, sondern zeigen ein bereits gelerntes häufiger.

Beispiel: Ein Schüler hat in der Vergangenheit gezögert, seine Lösungswege im Mathematikunterricht vorzustellen. Er sieht nun, wie ein anderer Schüler für die korrekte Lösung einer Gleichung gelobt wird. Der Schüler fühlt sich deshalb ermutigt, seine eigene Lösung vorzustellen.

Im Unterschied zum enthemmenden Effekt, zeigen wir ein bereits erlerntes Verhalten seltener, da wir beim Modell beobachten, dass es zu negativen Konsequenzen führt.

Beispiel: Ein Schüler beobachtet, wie ein Mitschüler im Mathematikunterricht seine Lösung vorstellt und dafür vom Lehrer auf eine Art und Weise kritisiert wird, die dem Mitschüler peinlich zu sein scheint. Obwohl der Schüler zuvor gerne seine Lösungen vorgestellt hat, zögert er nun.

Auch hier wird kein neues Verhalten gelernt, sondern ein bereits gelerntes Verhalten durch die Beobachtung des Modells zum ersten Mal ausgeführt.

Beispiel: Ein Schüler, der normalerweise schüchtern ist und seine Lösungen nicht vorstellt, beobachtet, wie alle anderen Mitschüler ihre Lösungswege präsentieren. Angesport durch den Gruppenzwang, traut sich der schüchterne Schüler nun auch seine Idee vorzustellen.

Beobachtungslernen – Fallbeispiel und Analyse

Bobo Doll Experiment von Bandura

Das Bobo Doll Experiment ist ein berühmtes Fallbeispiel für das Lernen am Modell und wurde 1961 von Bandura und Kollegen durchgeführt. Es trug wesentlich zum Verständnis des Lernens am Modell bei.

Der Star des Experiments war die Bobo Doll. Dies war eine aufblasbare große Puppe mit einem gewichteten unteren Teil, sodass sie immer wieder in ihre aufrechte Position zurückkehrte, wenn sie umgestoßen wurde.

Das Experiment lässt sich in 3 Phasen unterteilen:

Darstellung einer Bobo Doll für das Experiment zum Lernen am Modell
Ein Auge als Symbol für die Beobachtungsphase im Bobo Doll Experiment zum Lernen am Modell.

1. Beobachtungsphase: Zu Beginn des Experiments wurden Kinder einer von drei verschiedenen Gruppen zugeordnet und in einen Raum geführt, in dem sich die Bobo Doll befand. Je nach Gruppe sahen sie dort etwas anderes.

Gruppe mit aggressivem Modell:

Kinder in dieser Gruppe beobachteten eine erwachsene Person, die sich gegenüber der Bobo Doll aggressiv verhielt. Der Erwachsene schlug und trat die Puppe und äußerte auch verbale Beschimpfungen.

Ein erwachsener Mann ist aggressiv gegenüber der Bobo Doll im Experiment zum Lernen am Modell.

Gruppe mit nicht-aggressivem Modell:

In dieser Gruppe schauten die Kinder einer erwachsenen Person zu, die sich ruhig verhielt und mit der Bobo Doll friedlich spielte.

Ein erwachsener Mann spielt friedlich mit der Bobo Doll im Experiment zum Lernen am Modell.

Kontrollgruppe:

Kinder dieser Gruppe sahen kein Modell. Sie übersprangen die Beobachtungsphase und kamen direkt in die Frustrationsphase.

Ein frustriertes Gesicht als Symbol für die Frustrationsphase im Bobo Doll Experiment zum Lernen am Modell.

2. Frustrationsphase: Die Kinder wurden in einen Raum gebracht, in dem sich Spielsachen befanden. Sie durften kurz damit spielen, bis ihnen mitgeteilt wurde, dass das Spielzeug für andere Kinder reserviert sei und sie deshalb nicht weiter damit spielen dürfen.

Eine Lupe als Symbol für die Testphase im Bobo Doll Experiment zum Lernen am Modell.

3. Testphase: Danach wurden alle Kinder in einen Raum geführt, in dem sich die Bobo Doll befand und ihr Verhalten wurde beobachtet.

Ergebnisse:

Ein Mann und ein Kind, die sich aggressiv gegenüber der Bobo Doll verhalten, als Darstellung der Ergebnisse des Bobo Doll Experiments zum Lernen am Modell.
  • Es zeigte sich Modelllernen: Kinder, die das aggressive Modell beobachtet hatten, zeigten deutlich mehr aggressives Verhalten gegenüber der Bobo Doll als Kinder der beiden anderen Gruppen.
  • Das Geschlecht der Kinder hatte auch einen Einfluss: Von den Kindern, die das aggressive Modell beobachtet hatten, zeigten Jungen mehr körperlich aggressives Verhalten gegenüber der Bobo Doll, während Mädchen sich wiederum verbal aggressiver verhielten als Jungen.

Analyse des Bobo Doll Experiments

Die Kinder, die das aggressive Modell beobachteten, durchliefen vermutlich alle 4 Phasen des Lernens am Modell, wodurch Modelllernen stattfinden konnte.

Eine Glühbirne und ein Molekül als Symbole für die Analyse des Bobo Doll Experiments zum Lernen am Modell.

Das Schlagen und Treten der Puppe war auffällig und zog die Aufmerksamkeit der Kinder auf sich. Außerdem war es für die Kinder wahrscheinlich ungewöhnlich zu sehen, dass sich ein Erwachsener aggressiv gegenüber einer Puppe verhält, wodurch sich ihre Aufmerksamkeit zusätzlich verstärkte.

Viele Kinder, die das aggressive Modell beobachteten, ahmten das Verhalten nach. Das zeigt, dass sie das Verhalten nicht nur im Gedächtnis behalten haben, sondern auch kognitiv und motorisch dazu in der Lage waren, es nachzuahmen.

Obwohl das aggressive Verhalten des Modells nicht direkt belohnt wurde, kann allein die Aufmerksamkeit, die das Modell für sein aggressives Verhalten erhielt, von den Kindern als positive Konsequenz angesehen worden sein. Zudem wurden die Kinder zuvor frustriert, sodass sie motiviert gewesen sein könnten, ihre Frustration durch Aggression auszudrücken.

Was sagt das Bobo Doll Experiment nun für die Praxis aus?

Eltern und Lehrer sollten sich ihrer Vorbildfunktion bewusst sein und positive Verhaltensweisen sowie konstruktive Lösungen von Konflikten vorleben.

Darstellungen von Gewalt in den Medien können aggressives Verhalten von Kindern fördern, weshalb ihr Medienkonsum kontrolliert werden sollte.

Kinder sollten lernen, wie sie mit Frustration und negativen Gefühlen konstruktiv umgehen können, da dadurch aggressives Verhalten motiviert werden kann.

FAQ

Wie funktioniert das Lernen am Modell?

Das Lernen am Modell funktioniert, indem wir das Verhalten anderer Menschen (sogenannter “Modelle”) sowie die daraus folgenden Konsequenzen beobachten und das Verhalten imitieren. Dadurch können wir auch ohne direkte Erfahrung Verhaltensweisen, Fähigkeiten und Einstellungen lernen.

Welche 4 Phasen hat das Modelllernen?

Die 4 Phasen des Modelllernens sind Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Reproduktion und Motivation. Das Modelllernen beginnt, indem wir unsere Aufmerksamkeit auf das Modell und sein Verhalten richten. Anschließend müssen wir das Verhalten im Langzeitgedächtnis speichern und die kognitiven und motorischen Fähigkeiten besitzen, um das Verhalten reproduzieren zu können. Als letzten Schritt ist Motivation notwendig, das jeweilige Verhalten nachzuahmen.

Was fördert Modelllernen?

Modelllernen kann gefördert werden, indem man die 4 Phasen des Modelllernens unterstützt, wozu Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Reproduktion und Motivation gehören. Die Aufmerksamkeit kann zum Beispiel gefördert werden, indem man Personen als Modelle einsetzt, die besonders auffällig oder interessant für den Beobachter sind. Die Leistung des Gedächtnisses kann durch das Einsetzen von Strategien, die das Langzeitgedächtnis fördern, erhöht werden. Außerdem kann die Reproduktion verbessert werden, indem der Beobachter die notwendigen kognitiven und motorischen Fähigkeiten erwirbt. Die Motivation lässt sich steigern, indem man beispielsweise das Vertrauen des Beobachters in seine Fähigkeiten stärkt und die positiven Konsequenzen des Modellverhaltens aufzeigt.

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