Vielleicht musst du für den Deutschunterricht eine Kalendergeschichte analysieren oder sogar selbst eine schreiben. Egal was es ist, hier erfährst du…
… was eine Kalendergeschichte ist,
… woran du sie erkennst und
… wie du sie verstehen und analysieren kannst.
Legen wir gleich los mit einem Blick auf die Entstehung der Kalendergeschichte!
Was ist eine Kalendergeschichte?
Entstanden ist die Kalendergeschichte im 16. Jahrhundert und besonders beliebt war sie im 17. und 18. Jahrhundert. Damals wollten immer mehr Menschen lesen, aber neben der Bibel standen vielen Haushalten dazu oft nur Kalender zur Verfügung.
Und daher kommt auch der Name: Die Kalendergeschichten wurden auf die Rückseite von Kalenderblättern gedruckt. Erst ab dem 19. Jahrhundert hat sich das langsam geändert, bis die Texte schließlich auch unabhängig von Kalendern veröffentlicht wurden.
Bekannte Autoren von Kalendergeschichten
Der bekannteste Autor der Kalendergeschichte ist wohl Johann Peter Hebel (1760 – 1826). Seine Geschichten wurden in den Volkskalendern “Badischer Landkalender” und dessen Nachfolger “Rheinländischer Hausfreund” gedruckt.
Weitere wichtige Vertreter der Gattung waren der Schweizer Pfarrer Jeremias Gotthelf und der deutsche Schriftsteller Berthold Auerbach. Und auch Karl May hat eine Reihe kurzer Reiseerzählungen geschrieben, die als Kalendergeschichten veröffentlicht wurden.
Kalendergeschichte – Merkmale und Besonderheiten
Als nächstes wollen wir uns nun ansehen, welche Merkmale eine Kalendergeschichte von anderen Textsorten unterscheidet. Präg sie dir am besten ganz genau ein, dann bist du schon gut auf deine erste Begegnung mit so einer Geschichte vorbereitet.
Klicke einfach auf die einzelnen Merkmale, um mehr darüber zu erfahren:
Das liegt natürlich daran, dass der Platz auf einem Kalenderblatt sehr beschränkt ist. Aus diesem Grund mussten die Geschichten ganz einfach kurz gehalten werden.
Die Kalendergeschichte war vor allem für das einfache Volk gedacht. Sie waren daher immer besonders einfach und verständlich formuliert.
Im Laufe der Zeit wurden die Geschichten allerdings stilistisch hochwertiger. Dafür war vor allem der Schriftsteller Johann Peter Hebel verantwortlich.
Anders gesagt heißt das ganz einfach, dass es sich nicht um Gedichte oder ähnliches handelt.
Die Geschichten sind in einer freien, ungebundenen Form der Sprache geschrieben. Es gibt also keine Reime, Verse oder Metren wie in der Poesie.
Viele Textsorten haben das Ziel, ihre Leser zu unterhalten – das ist auch hier der Fall. Es geht also oft um merkwürdige (oder ungewöhnliche) und witzige Dinge, die aber gleichzeitig auch belehren und zum Nachdenken anregen sollen.
Dieser Punkt hängt mit dem vorherigen zusammen. Eine Moral ist eine Lehre, die man aus der Geschichte ziehen kann. Da die Kalendergeschichte belehrend sein soll, ist es also nur logisch, dass sie eine Moral enthält.
Bei einer Pointe handelt es sich um einen überraschenden Schluss, mit dem die Leser für gewöhnlich nicht rechnen. Einige Witze enden mit so einer Pointe, aber eben auch viele Kalendergeschichten.
Darüber hinaus zählt die Kalendergeschichte zu den Kleinformen der Epik. Andere epische Textformen aus dieser Kategorie sind unter anderem die Sage, die Kurzgeschichte, die Parabel und die Anekdote.
Mit diesen Textformen teilt sich die Kalendergeschichte auch das ein oder andere Merkmal. Achte also darauf, dass du sie nicht miteinander verwechselst.
Kennst du diese Merkmale, kannst du eine Kalendergeschichte ganz einfach erkennen, aber auch selbst eine schreiben. Du weißt jetzt schließlich, worauf es ankommt!
Kalendergeschichten verstehen und analysieren
Wie so oft im Deutschunterricht kann es nun vorkommen, dass du eine Kalendergeschichte analysieren sollst. Dabei kann die Analyse einer solchen überschaubaren Geschichte eine gute Übung für die Analyse längerer Texte sein.
Die Analyse selbst folgt dabei dem typischen Aufbau und besteht aus insgesamt drei Teilen: einer Einleitung, einem Hauptteil und einem Schlussteil. Auch sonst unterscheidet sich die Analyse einer Kalendergeschichte kaum von der Analyse anderer Texte.
In der Einleitung nennst du alle wesentlichen Informationen zum Text. Dazu gehören unter anderem der Titel, das Erscheinungsjahr und der Name des Autors.
Der Hauptteil besteht aus einer Inhaltsangabe und der eigentlichen Analyse.
Hier kommt nun das Verständnis ins Spiel. Um die Kalendergeschichte analysieren zu können, musst du sie natürlich zunächst einmal verstehen. Und als kleine Hilfe kannst du dir dazu folgende Fragen stellen und beantworten:
Kennst du die Antworten auf diese Fragen, sollte es dir recht leicht fallen, die Geschichte und ihren Inhalt zu analysieren oder zu interpretieren.
Im Schlussteil ziehst du schließlich ein Fazit und stellst noch einmal die Ergebnisse deiner Analyse dar. Hier kannst du auch deine eigene Meinung einbringen.
Kalendergeschichte Beispiel: “Kannitverstan”
Nachdem wir uns nun eine ganze Weile mit den Details beschäftigt haben, ist es an der Zeit, auch mal einen Blick auf eine Kalendergeschichte zu werfen.
Im Folgenden findest du die Geschichte “Kannitverstan” von Johann Peter Hebel. Sie ist im Jahr 1808 im Rheinländischen Hausfreund erschienen und wurde später auch in der Sammlung “Schatzkästlein des Rheinländischen Hausfreundes” gedruckt.
In dieser Kalendergeschichte geht es um einen jungen Handwerksburschen, der zum ersten Mal Amsterdam besucht und dort ein besonders schönes Haus bewundert. Als er einen Passanten nach dessen Besitzer fragt, lautet die Antwort aber nur: “Kannitverstan”.
Damit ist natürlich “Kann nicht verstehen” gemeint, der Handwerksbursche hält es aber für den Namen des Hausbesitzers. Der Bursche ist von dessen offensichtlichen Reichtum beeindruckt und vergleicht das mit seiner eigenen, weniger glücklichen Situation.
Später passiert ihm derselbe Fehler: Er kommt an einem Leichenzug vorbei und fragt nach dem Namen des Verstorbenen. Wieder lautet die Antwort “Kannitverstan” und der Bursche denkt, der Tote wäre der Besitzer des schönen Hauses, das er zuvor gesehen hat.
Das macht dem Burschen bewusst, dass großer Besitz und Reichtum niemanden vor dem Tod bewahrt und die Ungleichheit in der Welt lastet ihm schon gleich nicht mehr so schwer auf den Schultern wie noch kurz zuvor.
Lies dir diese Geschichte (oder eine der anderen aus dem Buch) doch einmal durch und versuche, die weiter oben beschriebenen Merkmale zu erkennen und die Fragen zu Thema, Moral und Pointe zu beantworten!