Die Hexenverfolgung ist ein geschichtlicher Vorgang, der über viele Filme und Bücher bekannt ist. Dennoch sind über sie einige große Fehlannahmen in Umlauf.
Dieser Artikel geht auf die wichtigsten Geschehnisse zur Hexenverfolgung chronologisch ein und zeigt dabei, wie sie im Verlauf der Geschichte immer wieder auftauchte und wo sie sogar heute noch existiert.
Am Ende gibt es noch ein FAQ zum Thema.
Hexenverfolgung in der Antike – kurz zusammengefasst
Schon lange vor dem Mittelalter beschäftigten sich Gesellschaften damit, wie man mit vermeintlichen Magiern und Hexen umgeht.
Im antiken Rom glaubte man vielfach an Magie. Bestraft wurden aber nur die Menschen, von denen man glaubte, dass sie ihre Magie (für das Böse) missbrauchten (Schadenszauber). Man sollte den Schadenszauber aber meist nur umkehren.
Mit der Ausbreitung des Christentums und seiner Erklärung zur Staatsreligion änderte sich das dann aber im 4. Jahrhundert. Als Konsequenz wurden im Zwölftafelgesetz von 450 das “Wegzaubern” von Ernten (also Ernteraub) sowie der Schadenszauber mit der Todesstrafe belegt.
juristischer Umgang mit Hexen im Frühmittelalter – ein kurzer Überblick
Schon früh zeigte sich, wie regional unterschiedlich mit vermeintlichen Hexen umgegangen wurde.
Im 8. Jh. wurden Hexen als heidnischer Aberglaube abgetan und es wurden im Gegenteil diejenigen bestraft, die an deren Existenz glaubten oder Hexen verfolgten. So wurde auf dem Konzil von Paderborn im Jahr 785 festgelegt, dass, wenn jemand glaubt, ein anderer sei eine Hexe und sie deshalb verbrennt oder sie isst oder durch andere essen lässt, die Todesstrafe bekommt.
Der französische König Charles II. dagegen verabschiedete 873 Gesetze, nach denen Hexen mit größter Sorgfalt zu jagen und hinzurichten seien.
Die Kirche wiederum positionierte sich 906 im Canon Episcopi, in dem der Schadenszauber als Aberglaube abgetan und Denunzianten belangt wurden. Diese wurden meist mit Bußen belegt oder im schlimmsten Fall aus der Gemeinde ausgeschlossen.
Das sorgte dafür, dass Jahrhunderte keine Verfolgung stattfand.
Kirche ändert ihre Position zu Hexen- warum?
Ab dem 13. Jh. jedoch änderte sich die Einstellung der Kirche der Hexerei gegenüber.
Thomas von Aquin ging in seinen Schriften davon aus, dass Hexentaten mit Hilfe des Teufels tatsächlich ausgeführt werden können. 100 Jahre später hielt auf einmal die Pest Europa fest im Griff. Anfang des 15. Jh. begann dann auch noch die kleine Eiszeit, die ungewöhnlich viele Kälteperioden und damit Ernteausfälle mit sich brachte. Die Lebensumstände verschlechterten sich deutlich. Die Kirche gelang in Erklärungsnot. Hexen wurden nun als realistische Bedrohung wahrgenommen. Die Kirche ging von Hexensekten aus, gegen die die Inquisitoren vorgehen sollten.
Erste Hexenverfolgungen – wo fing es an?
Folglich begann gegen Ende des Mittelalters die Hexenverfolgung. Zwar wurden schon lange vorher vereinzelt Hexen verfolgt, aber erst jetzt wurde gegen sie mit systematisch durchgeführten Hexenprozessen vorgegangen.
Als erste gelten die im heutigen Schweizer Kanton Wallis. Ab 1428-1447 wurden hier mindestens 367 Menschen Opfer von Hexenverfolgungen.
Wurde eine Person dreimal der Hexerei beschuldigt, wurde sie verhaftet. Dann war der Tod sicher. Gestand man wurde man auf dem Scheiterhaufen verbrannt, tat man es nicht, wurde man so lange gefoltert, bis man gestand. Die Geschlechterverteilung der Opfer war in etwa gleich.
Heinrich Kramer – wer war das?
Unter den Inquisitoren, die sich nun mit Hexen beschäftigten, war Heinrich Kramer (1430-1505). Später wurde er Inquisitor für ganz Oberdeutschland.
Eine rechtliche Grundlage für einen härteren Umgang mit Hexen gab es aber noch nicht. Im Gegenteil, der kirchliche Rechtssatz
„die Kirche dürstet nicht nach Blut“ blieb offiziell in Kraft. Diese fehlende Grundlage will Kramer schaffen.
Hexenbulle – was war das?
Kramer verfasste eine Urkunde, die er dann vom Papst Innozenz VIII. 1484 unterschreiben ließ. Die sogenannte Hexenbulle. Diese erkannte die Existenz der Hexerei an und beschrieb ihre Gefährlichkeit.
Trotz der Hexenbulle konnte Kramer sein Vorhaben nicht so einfach umsetzen. Bei einem von ihm initiierten Prozess in Innsbruck scheiterte er auf ganzer Linie. Die sieben Angeklagten kamen alle frei, der Bischof war von der Rechtmäßigkeit nicht überzeugt. Er hielt ihn sogar für verrückt und lies ihn aus Tirol werfen.
Hexenhammer – was stand im Hexenhammer kurz erklärt
Als Antwort auf seine Abfuhr schrieb Kramer 1486 den Hexenhammer. In diesem täuschte er vor, das Buch besäße die Unterstützung des Papstes sowie anderer angesehener Theologen.
Das Werk bestand aus drei Teilen:
1. Teil: Beschreibung vermeintlicher Nachweise dafür, dass Hexen wirklich existieren
2. Teil: Erläuterung der schlimmen Taten, die Hexen begehen können
3. Teil: Erklärung der rechtspraktischen Umsetzung von Hexenprozessen mit genauer Anleitung wie Verfahren zu führen sind
Unterschiedlichste Foltermethoden sind darin legitime Mittel, ein Geständnis zu bekommen. Dazu war das Werk von Frauenhass durchzogen.
Doch jetzt hatte Kramer Erfolg. Mit dem Hexenhammer konnte er zahlreiche Todesurteile aussprechen. Der Hexenhammer wurde das Standardwerk für Hexenrichter schlechthin. Bis 1523 wurde es dreizehnmal und bis 1669 sogar 29-mal aufgelegt.
Neuer Laienspiegel – warum wichtig?
Zweifelsohne auch relevant war der neue Laienspiegel von 1509. Ein Rechtsbuch, das römisch-rechtliche Inhalte auf Deutsch allgemein verständlich vermitteln sollte. So übernahm er auch die Inhalte des Hexenhammers und machte diese fürs Privat-, Straf- und öffentliche Recht anwendbar. So konnten nun auch nicht studierte Juristen auf die Inhalte des Hexenhammers zugreifen, was damals die Mehrzahl war.
Wahrheitsfindung – woran erkennt man Hexen?
In diesen zwei Werken wurden zahlreiche Methoden zur “Wahrheitsfindung”, also Enttarnung von Hexen beschrieben. Die drei wohl Gängigsten waren:
1. Folter, um ein Geständnis zu erpressen
2. Wasserprobe: die Person wird dabei gefesselt ins Wasser geworfen, schwamm der Körper an der Oberfläche wurde sie hingerichtet tat er es nicht, war sie unschuldig, aber ertrank
3. Nadelprobe: Einstechen mit einer Nadel in eine Warze oder ein Muttermal floss dabei kein Blut, war es ein Beweis der Hexerei
Das Ende der Hexenprozesse – wieso hörten sie auf?
Nach vereinzelter Kritik im 15. Jahrhundert entstanden im 16. und 17. Jh. eine Reihe von Schriften, in denen sich gegen die Hexenprozesse ausgesprochen wurde. Sie wurden als unmenschlich und gesetzwidrig bezeichnet. Ganz besonders hervorzuheben ist hier das Werk “rechtliche Bedenken gegen Hexenprozesse” von Friedrich Spee von 1631. Hier sprach er sich entschieden gegen die durch Folter erzwungenen Geständnisse aus und argumentierte systematisch gegen die Prozesse. Sein Werk fand reichlich Anklang und hatte wohl großen Einfluss auf das Ende der Hexenprozesse.
Doch auch die damaligen Lebensumstände dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Die wirtschaftlichen, politischen und klimatischen Verhältnisse hatten sich mehr und mehr stabilisiert. Nach Ende des 30-jährigen Krieges 1648 sank die Zahl der Prozesse deutlich. Den Menschen ging es wieder besser. Später trug natürlich die Aufklärung ihr Übriges bei.
letzte offizielle Hexenverfolgungen im deutschsprachigen Raum – wen traf es?
Als letzte Person, die im deutschsprachigen Raum Opfer der legalen Hexenverfolgung wurde, gilt Anna Göldi. 1782 enthauptete ein Henker die Frau in der Schweiz. Auf ihre Hinrichtung folgte europaweite Empörung. Anna Maria Schwegelin gilt als letztes Opfer in Deutschland. 1775 wurde sie zum Tode verurteilt, begnadigt und starb 1781 im Gefängnis.
letzter Hexenprozess in Europa – welcher war das?
Ganz Europa betrachtet ist es sehr schwer festzulegen, welches der letzte Hexenprozess war. Das liegt an folgenden Gründen:
1. örtliche Gerichte ignorierten länderweite Vorgaben
2. Hexerei Vorwurf stand im Raum, wurde aber formal nicht als solcher aufgeführt (um Kritik zu vermeiden oder da man Hexerei nicht mehr offiziell bestrafen konnte)
3. Dokumentation in vielen Staaten schlecht, weshalb bei vielen Prozessen unklar ist, ob sie wirklich passiert sind
Ein solcher Prozess war der um Barbara Zdunk in dem heutigen Polen. 1811 wurde sie zum Tode verurteilt und hingerichtet. Zumindest formal galt wohl Brandstiftung als Ursache, da Hexerei zu dem Zeitpunkt kein Straftatbestand mehr war. Allerdings soll der Vorwurf der Hexerei im Raum gestanden haben und es ist daher möglich, dass Brandstiftung nur offiziell angeführt wurde, um sie verurteilen zu können.
Hexenverfolgung heute – gibt es sie noch?
Hexenverfolgung existiert aber auch heute noch. Besonders in Ostafrika ist sie aufgrund von Armut und Unwissenheit verbreitet. Einige Wissenschaftler gehen sogar davon aus, dass im 20. Jh. mehr Menschen als Hexen umgekommen sind als während der gesamten europäischen Verfolgungen.
Allein in Tansania wurden zwischen 1960 und 2000 ungefähr 40000 Menschen ermordet, die wegen vermeintlicher Hexerei angeklagt wurden.
Im offiziellen Strafrecht ist Hexerei in den meisten Staaten kein Delikt, aber Dorfgerichte entscheiden.
Bilanz der Hexenverfolgung – wie verheerend war sie?
Deutschlands Bilanz: Auf dem Gebiet des heutigen Deutschland wurden ungefähr 25.000 Menschen als Hexen und Zauberer hingerichtet. Das ist ungefähr die Hälfte der Gesamtzahl aller bekannten europäischen Fälle (40000-60000). Besonders in Südwestdeutschland und im Raum Köln gab es intensive Hexenverfolgungen. Ca. 80% der deutschen Opfer waren weiblich.
In ganz Europa wird von 75% weiblichen Opfern ausgegangen, wobei es aber starke regionale Unterschiede gab. So wurden in Nordeuropa eher Männer getötet. In Ländern, in denen die Inquisition vorherrschte (Italien, Spanien und Portugal) wurden kaum Prozesse gegen Hexen geführt.
Hexenverfolgung Mittelalter – Fehlannahme?
Dadurch, dass die Hexenverfolgung im bekannten Sinne erst 1428 anfing, ist klar, dass sie hauptsächlich später stattfand. Der Hexenhammer wurde 1486 geschrieben, dessen wichtige Übersetzungen in den Landessprachen folgten logischerweise noch später (der Neue Laienspiegel 1509). Die Hexenverfolgung erreichte ihre Hochphase somit erst von 1550-1650, was der Frühen Neuzeit und nicht dem Mittelalter zuzurechnen ist.
Fehlannahmen zur Hexenverfolgung – welche waren das?
Zur Hexenverfolgung sind einige Fehlannahmen weit verbreitet. Die drei Größten sind:
1. Opferzahl: lange wurde von viel mehr Opfern ausgegangen
2. Zeitpunkt: der Großteil der europäischen Hexenverfolgungen fand nicht im Mittelalter, sondern in der Frühen Neuzeit statt
3. Einfluss der Kirche: zumindest offiziell fanden 90% der Prozesse vor weltlichen Gerichten statt
Warum wurden Hexen verfolgt?
Zusammenfassend kann man sagen, dass Hexen vor allem wegen drei Aspekten verfolgt wurden:
1. Unwissenheit: Phänomene wie Naturkatastrophen oder Krankheiten konnten nicht anders erklärt werden
2. Armut: um mehr für sich selbst zu haben, wurden andere angeklagt
3. Angst: in der Bevölkerung allgemein, in der Kirche, dass andere als Gott über Magie verfügen
Hexenverfolgung FAQ – zur Selbstüberprüfung
Wann war die Hexenverfolgung?
Die Hexenverfolgung war in Europa vorwiegend von 1450-1750. Dabei erreichte sie ihren Höhepunkt von 1550-1650. Hexenverfolgungen im Mittelalter gab es also kaum, der Großteil fand in der Frühen Neuzeit statt.
Was war der Grund für Hexenverfolgung?
Hexen wurde nachgesagt, mit dem Teufel im Bunde zu sein. Außerdem brauchten die Menschen einen Sündenbock für Krankheiten und Naturkatastrophen, die sie sich nicht erklären konnten.
Wer waren die Opfer der Hexenverfolgung?
Die Opfer der Hexenverfolgung waren überwiegend Frauen. Allerdings gab es regional große Unterschiede, so waren es in Nordeuropa eher Männer.
Wer war die letzte Hexe in Deutschland?
Anna Maria Schwägelin gilt als die letzte Hexe in Deutschland. 1776 wurde sie zum Tode verurteilt.
Was ist der Hexenhammer einfach erklärt?
Der Hexenhammer ist ein 1486 von Inquisitor Heinrich Kramer geschriebenes Buch, in welchem die vermeintliche Existenz von Hexen belegt, deren schlimme Taten erläutert und eine genaue Anleitung für Hexenprozesse gegeben werden. Das Werk fand großen Anklang, ihm wird ein massiver Einfluss auf die Hexenverfolgung zugeschrieben.